„Führerscheintourismus“ – Klage erfolgreich

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat in einer am 9.5.2012 zum Aktenzeichen 3 L 56/09 erschienenen Entscheidung geurteilt, dass nur unter engen Voraussetzungen von der grundsätzlichen Anerkennung eines in Polen ausgestellten Führerscheins abgewichen werden darf.

Die wegen mehrfachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilte Klägerin erwarb nach Ablauf der verhängten Sperrfrist im Jahre 2004 in Polen eine Fahrerlaubnis. Im Führerschein war ein polnischer Wohnort eingetragen.

Nachdem die Klägerin sich weigerte, ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) vorzulegen, untersagte die beklagte Stadt den Gebrauch der polnischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland. Die zunächst hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht führte aus, dass die polnische Fahrerlaubnis nicht anzuerkennen gewesen sei, da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, im Jahr des Fahrerlaubniserwerbs an 185 Tagen in Polen ihren Wohnsitz gehabt zu haben.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg die Entscheidung der Führerscheinbehörde aufgehoben und der Klage damit stattgegeben. Nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, der sich das Oberverwaltungsgericht anschloss, könne nur unter ganz engen Voraussetzungen von dem Grundsatz abgewichen werden, dass ein in einem Mitgliedsstaat erworbener Führerschein grundsätzlich ohne jede Formalität anzuerkennen sei.
Ein Grund für die Nichtanerkennung sei etwa ein Verstoß gegen die sog. Führerschein-Richtlinie, die auch das Wohnsitzerfordernis regelt. Hinzu kommt, dass sich die Anhaltspunkte die auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis hinweisen, entweder aus dem ausgestellten Führerschein selbst oder aus Angaben des Ausstellermitgliedsstaates ergeben müssen. Weil das Oberverwaltungsgericht eine derartige Verletzung nicht feststellen konnte, gewann die Klägerin den Prozess.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da das Oberverwaltungsgericht die Revision zum Bundesverwaltungsgericht, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit, zugelassen hat.

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