Altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer verstößt gegen das Diskriminierungsverbot

Das Bundesarbeitsgericht hat am 20. März 2012 ein Urteil mit großer Wirkung gesprochen. Gängige Praxis im öffentlichen Dienst war bisher, dass der Urlaub je nach Lebensalter gestaffelt gewährt wurde, also frei nach dem Motto: je älter, desto mehr Urlaub.
Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr entschieden, dass diese Praxis gegen § 7 Abs. 1 AGG verstößt und damit unwirksam ist. Es soll insoweit eine Anpassung nach oben stattfinden und alle Beschäftigten haben gleichermaßen Anspruch auf 30 Tage Jahresurlaub.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist kein sachlicher Differenzierungsgrund ersichtlich. Die Unterscheidung anhand des Lebensalters stelle eine unmittelbare Diskriminierung wegen des verpönten Merkmals Alter (vgl. § 1 AGG) dar. Eine Rechtfertigung käme gegebenenfalls nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AGG in Betracht, wenn die Regelung objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt wäre. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits das Vorliegen eines legitimen Ziels verneint. Begründet wurde die Staffelung der Urlaubsdauer nach Alter zumeist mit dem erhöhten Erholungsbedürfnis Älterer; dies rechtfertige, dass sie mehr Urlaub erhielten. Zudem sollte die erhöhte Urlaubsdauer die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern.
Es lasse sich nach Auffassung des Bundesarbeitsgericht aber kein gesteigertes Erholungsbedürfnis von Beschäftigten bereits ab dem 30. bzw. 40. Lebensjahr begründen. Dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch für jüngere Beschäftigte von Bedeutung ist, zeigt, dass dieser Begründungsansatz evident unverhältnismäßig ist, es wäre genauso möglich lediglich an das Vorhandensein einer Familie anzuknüpfen.
So gut dieses Urteil für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst klingen mag, so hat es doch zunächst nur Auswirkungen auf Beschäftigte, die nach dem TVöD beschäftigt sind, da sich der durch das Bundesarbeitsgericht entschiedene Rechtsstreit nur auf Beschäftigte des TVöD bezieht und das Urteil nur unmittelbar zwischen den Parteien des Rechtsstreits gilt.
Für Tarifbeschäftigte der Länder gilt der TV-L, der zwar eine vergleichbare Regelung enthält, jedoch nicht unmittelbar von dem Urteil betroffen ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Tarifgemeinschaft deutscher Länder demnächst berät, inwieweit Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen sind.
Für Beamte richtet sich der Urlaubsanspruch nach der Erholungsurlaubsverordnung. Auch diese ist bisher nicht geändert, ob und wann dies geschehen wird, ist derzeit nicht absehbar.
Im Ergebnis darf jedoch davon ausgegangen werden, dass eine einheitliche Regelung für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst getroffen wird und der Urlaubsanspruch mittelfristig nach oben korrigiert wird. Konkrete Ansprüche können aber derzeit durch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst regelmäßig nicht geltend gemacht werden.