Gesetz gegen „Gaffer“ – Die Behinderung hilfeleistender Personen § 323c Abs. 2 StGB

Immer wieder wurde in jüngster Vergangenheit in den Medien vom Blockieren von Rettungsgassen, der Behinderung von Rettungseinsätzen und sogar von Übergriffen auf Hilfeleistende und das Filmen oder Fotografieren derartiger Einsätze berichtet. Derartiges „Gaffen“ blieb in der Vergangenheit weitgehend folgenlos, da § 114 Abs. 3 StGB in seiner alten Fassung nur die Behinderung durch „Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt“ unter Strafe stellte.

Von der Öffentlichkeit unbemerkt ist nun Ende Mai 2017 eine Änderung des § 323c StGB in Kraft getreten, die weitreichende Konsequenzen haben kann. Denn nunmehr reicht jede „Behinderung hilfeleistender Personen“ aus, um sich strafbar zu machen. Einerseits wurde der Tatbestand damit auf jedes Handeln erweitert, das zu einer Behinderung der Hilfeleistung führt und andererseits sind nunmehr nicht lediglich die professionellen Helfer (Angehörige der Rettungsdienste, Feuerwehren und des Katastrophenschutzes) sondern auch die Ersthelfer erfasst.
Die Regierung hielt es nach Durchführung der öffentlichen Anhörung zum Gesetzesentwurf für notwendig, „allgemein Verhaltensweisen strafrechtlich zu sanktionieren, durch die Rettungsmaßnahmen behindert werden, und zwar unabhängig davon, auf welche Weise die Behinderung geschieht und ob die hilfeleistende Person zu dem von § 115 Absatz 3 StGB-E erfassten Personenkreis gehört.“

Wie bei einer unterlassenen Hilfeleistung nach § 323c Abs. 1 StGB drohen Geldstrafen oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Zudem wurde eine Sanktionierung zugelassen,  die den Täter unter Umständen weitaus schwerer treffen kann: ein mehrmonatiges Fahrverbot nach § 44 StGB.

Das Tatbestandsmerkmal der Behinderung kann zwar nur dann angenommen werden, wenn ein gewisser „Erfolg“, also eine Behinderung, eingetreten ist. Jedoch reicht eine „nicht ganz unerhebliche Erschwernis“ aus, wobei zum Beispiel das Versperren des Weges, das Nichtbeiseitetreten, das Blockieren von Notfallgassen ausreichen soll. Entscheidend bei der Bewertung, ob eine Behinderung vorlag ist -und dies dürfte ebenso wichtig sein- gerade nicht, ob die Behinderung Auswirkungen auf das Opfer hatte. Es ist demnach ohne Belang, ob die Rettung dennoch Erfolg hatte oder gar keinen Erfolg mehr haben konnte, weil das Opfer bereits verstorben war. Wird die Rettungstätigkeit durch zurechenbares und vorsätzliches Handeln nicht unerheblich beeinträchtigt, ist die Strafbarkeit gegeben.

Die grundsätzlich zu begrüßende Gesetzesinitiative soll dem weiter fortschreitenden Verfall einer „Mindestsolidarität“ entegegentreten. Der Fertigung von bloßstellenden Bildaufnahmen von Opfern und deren Verbreitung, stellt sich die Änderung des Strafgesetzes freilich noch nicht entgegen. Eine weitergehende Abschreckung von Gaffern und Maßnahmen gegen die zunehmende Verrohung der Gesellschaft, wie durch den Bundesrat angemahnt, kann jedoch durchaus in einer kommenden Legislaturperiode vollzogen werden.

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